Zum film

Die Dreharbeiten zum Dokumentarfilm über das Fotoatelier Seidel begannen im Februar 2006. Im still gewordenen Bau des Jugendstilateliers verklang noch der Pulsschlag des Lebens der Familie Seidel und die Zukunft erschien unsicher, so wie in frostigen Frühlingstagen der erste Flug der Bienen unsicher zu sein scheint. Die Ereignisse kamen langsam in Gang und eine Legende begann zu entstehen. Während der folgenden drei Jahre erlebte das Atelier Seidel in Český Krumlov eine bemerkenswerte Veränderung. Das alte Jugendstilgebäude bekam ein neues Gewand, kostbare Instrumente wurden restauriert, Fotografien auf Glasplatten wurden in ein Depositär platziert und dort konserviert. Die Geschichte der Fotografenfamilie, die längst vergessen schien, bekam beim Anblick der Tausenden, wie durch ein Wunder erhaltenen Fotografien, einen neuen Glanz.

Der Dokumentarfilm Die Bienen flogen schön zeichnet Erinnerungen von Zeitzeugen und das lebhafte Geschehen um die laufende Revitalisierung des Ateliers auf. Mithilfe von Archivaufnahmen und alter Fotografien bringt er uns in Zeiten, als im Böhmerwald Holz geflößt, Torf gefördert wurde und die Imker sich an den alljährlichen Bienenflügen erfreuten… Historische Ereignisse brachten jedoch Menschenleben durcheinander und veränderten für immer die Gestalt des deutsch-tschechischen Grenzgebietes. Dank des außergewöhnlichen unternehmerischen Elans und des einmaligen Talents bewahrten für uns die beiden Fotografen Seidel ein treues Bild einer Welt, die sonst unwiederbringbar aus unserem Sichtfeld verschwinden würde. Ihretwegen können wir heute die Böhmerwaldkultur und -gesellschaft der Vorkriegszeit auf den Fotografien studieren, oder nur für eine Weile den Träumen verfallen, uns für kurze Zeit loslösen und das Zeitdiktat überwinden. Weil nämlich Fotografien, wie Suzan Sontag schreibt, nicht nur Informationen, sondern auch Fantasiewolken in sich bergen.

Im Laufe der dreijährigen Dreharbeiten kommen Menschen ins Atelier, die hier seinerzeit gearbeitet haben, oder mit diesem Ort durch ihre Familiengeschichte verbunden sind. Es sind Menschen von beiden Grenzseiten, die sich an Franz Seidel und seine Frau erinnern. Menschen, deren Zeugnis überaus persönlicher Natur ist und in den Zeitabschnitt unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges reicht. Der Fotograf Jan Štindl fotografierte und retuschierte im Atelier nach dem Krieg, nun kehrt er nach langen Jahren an den Ort zurück, der seine weitere Lebensausrichtung vorbestimmte. Othmar Hanke, ein naher Familienfreund, wurde mitsamt der Familie nach dem Krieg nach Österreich abgeschoben - jetzt setzt er sich für die Errichtung einer gemeinsamen Datenbank der Böhmerwald-Fotografien ein. Manfred Pranghofer, Direktor des Böhmerwaldmuseums in Passau, der bereits vor dem Jahr 1989 die Rettung der Fotografien aus dem Fotoatelier Seidel anstrebte, kommt nun ins Atelier um sich wieder portraitieren zu lassen. Und nicht zuletzt Ing. Petr Hudičák, der Leiter und die Seele des Projektes der Wiederherstellung des Ateliers und der Rettung der Fotografie-Sammlung.

Die im Atelier gefundenen Fotografien sind heute ein unschätzbares Zeugnis einer Epoche, Erinnerung an eine untergegangene Kultur, die über Jahrhunderte den Charakter des Böhmerwälder Grenzgebietes prägte. Sie werden auch zum Bindeglied zwischen Menschen auf beiden Seiten der böhmisch-deutschen Grenze, die um die Rettung des gemeinsamen Kulturerbes bemüht sind.

 
 
 
Film&sociologie Česká televize Ministerstvo kultury ČR Česko-Německý fond budoucnosti Českokrumlovský rozvojový fond Museum Fotoatelier Seidel

© 2010 - 2016 Film a sociologie s.r.o. | S radostí vytvořil a spravuje manGoweb [webdesign studio] | Grafický návrh: Michal Čtveráček